DDRR-Antenne – Deep Research: Funktionsprinzip, Baupraxis, Effizienz & Alternativen
Die DDRR (Directional Discontinuity / Direct Driven Ring Radiator) ist eine extrem flache, vertikal polarisierte, verkürzte Viertelwellenantenne in Ringform knapp über einer leitenden Fläche. Ursprünglich militärisch (Schiffsfunk) eingesetzt, wurde sie in den 1960ern veröffentlicht (Boyer/US-Patent). Dieser Beitrag erklärt Physik, Designregeln, Bauformen und realistische Leistungsdaten – und zeigt, wann die DDRR glänzt und wann Alternativen sinnvoller sind.
1) Historie & Begriffe
- Erfinder/Veröffentlichung: Dr. J. M. Boyer; US-Patent Open Ring Antenna (1964, angemeldet 1961). Zeitgleich/kurz danach Fachartikel (u. a. Electronics 1963 „Hula-Hoop Antennas“) und Praxisberichte (z. B. 73-Magazine 1970).
- Einsatz: Militärisch/Marine: sehr niedriger Aufbau, robuste Mechanik, unauffällig; später Amateurfunk/CB.
- Synonyme: Directional Discontinuity Ring Radiator, Direct Driven Ring Radiator, „Hula-Hoop-Antenne“ (umgangssprachlich).
2) Physik & Modell
Elektrisch ist die DDRR ein verkürzter Viertelwellen-Monopol, dessen Leiter zu einem Ring gebogen ist. Die kapazitive Kopplung (Ring zur Groundfläche) und die Einspeisestelle (geerdeter Fußpunkt mit sehr kurzer, niedriger Senkrecht-Sektion) bestimmen Resonanz und Impedanz.
- Polarisation: überwiegend vertikal (NVIS-Anteil je nach Aufbau gering).
- Strahlungsdiagramm: ähnlich einer Kurz-Vertikalen über gutem Ground (Maximum zum Horizont).
- Q-Faktor: hoch → schmale Bandbreite; steigt mit kleiner Höhe und dünnerem Leiter.
3) Dimensionierung & Daumenregeln
Die folgenden Startwerte haben sich in Literatur und Praxis bewährt; Feinabgleich per VNA obligatorisch:
| Parameter | Startwert / Bereich | Kommentar |
|---|---|---|
| Ring-Umfang | ≈ 0.20…0.25 · λ | Start bei ~0.22…0.24 λ, danach auf Resonanz trimmen. |
| Höhe über Ground h | ≈ 0.01…0.05 · λ | Kleiner h → niedriger Aufbau, aber höherer Q (schmaler, mehr Verluste am Boden). |
| Ringdurchmesser | so groß wie praktikabel | Größerer Durchmesser & dicker Leiter senken Verluste/erhöhen BW. |
| Leiterdurchmesser | möglichst groß | Kupfer-/Alurohr, Litze im PE-Schlauch oder Koax-Schirm (Heliax) erhöhen Leitfähigkeit/Oberfläche. |
| Spalt/„Gegengewicht“ | kleiner Spalt (einige cm) | Kapazitive Kopplung; wirkt mit h und Umfang auf Resonanz. |
| Einspeisung | am geerdeten Fußpunkt | Direkt, per L-Netzwerk, Gamma-Match oder kurzer Hairpin; Mantelwellensperre nötig. |
4) Effizienz, Bandbreite & Verluste
- Verlustquellen: ohmische Leiterverluste (I²·R), Ground-Loss (Erd-/Radialnetz), Dielektrikverluste (nasse Unterlage), Gleichtaktstrom/Feed-System.
- Bandbreite: typ. sehr schmal (einige 10 kHz auf HF bei QRP-Leistung, abhängig von h und Leitungsquerschnitt). Dicke Leiter + größeres h helfen.
- Wirkungsgrad: stark abhängig vom Ground. Auf großflächiger, niederohmiger Grundfläche (Blechdach, Hühnerdraht-Teppich, dichtes Radialnetz) sind brauchbare Resultate möglich; ohne dies oft deutlich schlechter als eine gut ausgeführte Kurz-Vertikale.
5) Boden/Grundfläche: das kritische Element
Die DDRR lebt von kapazitiver Kopplung zur leitenden Fläche. Für stationäre Setups bewährt sich:
- Hühnerdraht/Metallgitter (mehrere m², elektrisch verbunden), oder
- Radialteppich (≥ 16 Radiale, Länge ≥ 0.1…0.25 λ), oder
- große Metallflächen (Dach, Container, Fahrzeugkarosserie).
Je dichter, flächiger, niederohmiger – desto besser. Schlechter Ground erhöht Bodenverluste, macht das SWR „schön“ aber die Abstrahlung schwach.
6) Abgleich & Messung
- Mechanik fixieren: Ring-Form exakt, Spalt definiert, Höhe h einstellbar (z. B. Distanzstücke).
- VNA-Vormessung: S11/SWR auf Arbeitshöhe mit provisorischer Grundfläche messen; auf Ziel-f0 trimmen (Umfang + h).
- Anpassung: Falls nötig L-Netzwerk (seriell L, parallel C) oder Gamma-Match. Mantelwellensperre (mehrere Ferritkerne) direkt am Speisepunkt.
- Bandbreite (-2 oder -3 dB |S11|): dokumentieren; Q abschätzen (Q ≈ f0 / BW).
- Vergleichsmessung: Feldstärke/RS-Reports gegen Referenzantenne (z. B. λ/4-Vertikal oder Magnetloop) unter gleichen Bedingungen.
Hinweis: Für Wirkungsgrad-Abschätzung sind Wheeler-Cap/RC-Kammer Methoden möglich, im Amateurumfeld aber selten praktikabel – Feldstärke-Vergleich ist praxistauglicher.
7) Bauvorschläge (mit Beispielmaßen)
Beispiel A – CB (27 MHz), stationär
- Ring: Umfang ~0.23 λ ≈ 2.56 m (Ø ≈ 0.81 m), Material 10–15 mm Kupfer-/Alurohr oder Koax-Schirm (Heliax).
- Höhe h: 0.02 λ ≈ 22 cm über Ground (Distanzringe aus PE/EPDM).
- Spalt: 3–6 cm, gegenüber der Einspeisung.
- Ground: ≥ 3×3 m Hühnerdraht oder Blech, elektrisch verbunden; alternativ 16–32 Radiale je 2.7–5 m.
- Anpassung: Direkt-Feed + Ferritsperre; Feinabgleich durch geringen Umfangszuschnitt oder h-Variation.
Beispiel B – 40 m (7 MHz), „Low-Profile“ portable
- Ring: Start mit ~0.22 λ ≈ 9.4 m Umfang (Ø ≈ 3.0 m); Segmentbau aus Kupferlitze im Schlauch auf Steckbögen.
- Höhe h: 0.01…0.02 λ ≈ 10–20 cm – Achtung: sehr hoher Q, Ground muss exzellent sein.
- Ground: Radialteppich ≥ 24× 10 m (oder großflächiges Gitter). Ohne das ist die Effizienz meist unbefriedigend.
- Anpassung: L-Netzwerk am Fußpunkt; Ferritsperre zwingend.
Mobiler Einsatz (Kfz): DDRR auf der Karosserie (2 m/CB) ist mechanisch flach und unauffällig, aber die Fahrzeugfläche bestimmt den Erfolg. Für UKW sind klassische ¼-λ-Strahler meist einfacher & effizienter.
8) Varianten & Arrays
- Doppel-Ring (Two-Loop-DDRR): zusätzlicher kapazitiver Hut/zweiter Ring zur Bandbreiten-/Impedanzbeeinflussung.
- Phased Arrays: Zwei DDRRs mit definierter Phasenlage (z. B. 0°/180°) zur Richtwirkung – praxiserprobt, aber aufwändig (Phasenleitung, identische Groundflächen).
- Koax-Ausführung: Ring aus Koaxschirm (Innenleiter offen), robust, leicht zu formen; Übergang verlustarm gestalten.
9) Vergleich zu Alternativen
| Antennentyp | Vorteile | Nachteile | Wann wählen? |
|---|---|---|---|
| DDRR | Sehr flach/low-profile, DC-geerdeter Fußpunkt (Blitz-/ESD-Vorteile), unauffällig. | Stark Ground-abhängig; schmale Bandbreite; oft geringere Effizienz als gute Kurz-Vertikale oder große Magnetloop. | Wenn Höhe absolut limitiert ist und eine ausgezeichnete Groundfläche verfügbar ist. |
| Magnetloop (klein) | Guter Wirkungsgrad bei kleiner Grundfläche; eigenständige Referenzfläche (weniger Ground-kritisch); abstimmbar. | Sehr hoher Q → Nachstimmen; hohe Spannungen am C; begrenzte Leistung. | Bei Platzknappheit ohne gute Groundfläche; leise RX-Eigenschaften. |
| Verkürzte Vertikale (Top-Loading/Spule) | Bekannte Technik; mit gutem Radialnetz effizient. | Mechanisch höher; Spulenverluste; visuell auffälliger. | Wenn etwas mehr Höhe möglich ist; große Radialfläche vorhanden. |
10) Praxis-Checkliste
- Planung: Frequenzbereich, verfügbare Fläche für Ground (Ziel: „so viel wie möglich“), erlaubte Höhe.
- Material: dicker Leiter (Rohr/Heliax), witterungsfest; stabile Distanzhalter; viele Ferritkerne (Sperre).
- Bau: sauberer Ring, definierter Spalt, reproduzierbare Höhe; alle Verbindungen korrosionsfest.
- Ground: zuerst bauen/auslegen! Hühnerdraht/Metallplatten dicht verbinden; Radiale zahlreich und möglichst lang.
- VNA-Abgleich: auf f0 trimmen, danach Anpassung; Feldstärke-Vergleich gegen Referenz durchführen.
- Dokumentation: SWR-Kurven, 2:1-Bandbreite, Vergleichs-Reports; Änderungen nur einen Parameter pro Schritt.
11) Quellen & weiterführende Literatur
- Boyer, J. M.: Open Ring Antenna, US-Patent US3151328A (1964). – https://patents.google.com/patent/US3151328A/en
- 73 Magazine, Juni 1970: „A Practical DDRR Antenna“. – https://www.worldradiohistory.com/Archive-DX/73-magazine/73-magazine-1970/73-magazine-06-june-1970.pdf
- N5DUX: „DDRR – Directional Discontinuity Ring Radiator“ (Reader/PDF). – https://www.n5dux.com/ham/files/pdf/DDRR%20-%20Directional%20Discontinuity%20Ring%20Radiator.pdf
- HB9MTN: „DDRR 50 MHz“ (Bau/Abmessungen). – https://www.qsl.net/hb9mtn/ (Spiegel/Listing: https://www.dxzone.com/dx14406/hb9mtn-ddrr-antenna-for-50-mhz/)
- Vernon Mauery: „DDRR for the car“ (Praxisbericht). – https://vernon.mauery.com/content/2011/02/04/ddrr-for-the-car/
- QST-Artikel (Nachbau 40 m; Boden als Hühnerdraht erwähnt), PDF-Kopie: – https://electronicsandbooks.com/edt/manual/Articles/Antennas%20Homemade/A_40m_DDRR_antenna.pdf
- Harrington, R. F.: „Effect of Antenna Size on Gain, Bandwidth, and Efficiency“, NBS J. Res., 1960 (allgemeine Grenzen kleiner Antennen). – https://nvlpubs.nist.gov/nistpubs/jres/64D/jresv64Dn1p1_A1b.pdf

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